Von Berlin um die Welt – Prägung eines Begriffes

100 Jahre Biotechnologie? In Wirklichkeit ist sie natürlich Jahrtausende alt, denn schon die alten Ägypter, Chinesen und Sumerer beherrschten das Handwerk des Bierbrauens, für das sie, ohne von deren Existenz zu wissen, die Fähigkeiten von Hefepilzen nutzten, unter Sauerstoffabschluss Zucker zu Alkohol und Kohlendioxid zu vergären. Ähnliche Prozesse der Fermentation liegen seit Menschengedenken beispielsweise auch der Brot- und Weinproduktion zugrunde.

Der Begriff Biotechnologie wurde aber tatsächlich erst 1919 geprägt, als der Direktor der Viehverwertungsgenossenschaft ungarischer Großgrundbesitzer Karl Ereky in Berlin sein Buch „Biotechnologie der Fleisch-, Fett- und Milcherzeugung im landwirtschaftlichen Großbetriebe für naturwissenschaftlich gebildete Landwirte“ veröffentlichte [1].

Im selben Jahr, in dem er zum ungarischen Ernährungsminister ernannt wurde, erörterte Ereky darin die Grundsätze, „nach denen der tierische Organismus als biotechnologische Arbeitsmaschine Lebensmittel erzeugt“. Sein vorrangiges Ziel war die Erhöhung der Fleischproduktion. Insgesamt wies er „alle die Arbeitsvorgänge, bei denen aus Rohstoffen mit Unterstützung lebender Organismen Konsumartikel erzeugt werden, dem Gebiete der Biotechnologie zu“. Wenn also, schrieb Ereky, „die Rübe aus der Kohlensäure der Luft Zucker herstellt oder die Kuh das Futter zu Milch verarbeitet, sind Rübe und Kuh als biotechnologische Arbeitsmaschinen zu bewerten“. Von unserem heutigen Verständnis von Biotechnologie ist diese Auffassung weit entfernt. Sie stimmt aber noch insofern mit ihr überein, als sie auf den Resultaten des Stoffwechsels von Lebewesen basiert, ebenso wie die Definition der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Demnach ist Biotechnologie „die Anwendung von Naturwissenschaft und Technik auf lebende Organismen, wie auch auf Bestandteile, Produkte oder Modelle von ihnen, um lebende oder nicht lebende Materialien so zu verändern, dass sie dem Erkenntnisgewinn, der Produktion von Gütern und der Bereitstellung von Dienstleistungen dienen“.

[1] Ereky Karl, Biotechnologie der Fleisch-, Fett-, und Milcherzeugung im landwirtschaftlichen Grossbetriebe : für naturwissenschaftlich gebildete Landwirte verfasst, Berlin, Paul Parey 1919